Was tun im Fall der Abmahnung?

Jeder kann mal einen Fehler machen und jeder macht auch mal einen Fehler. Selbst im Arbeitsverhältnis. Manche
Fehler fallen nicht auf, dann hat man Glück, manche Fehler werden bemerkt und vom Arbeitgeber kritisiert.
Nicht immer ist dies schon eine Abmahnung. Wenn wirklich eine Abmahnung ausgesprochen wird, ist das noch
keine Katastrophe.

Wann liegt eine Abmahnung vor?

Eine Abmahnung ist eine ernste Rüge eines Fehlverhaltens unter Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen.

Die Abmahnung kann mündlich oder auch schriftlich erfolgen. Sie ist wirksam, wenn sie

  • das Fehlverhalten konkret beschreibt,
  • erklärt, wie der Arbeitnehmer statt dessen hätte handeln sollen und
  • von einem zur Abmahnung berechtigten Vorgesetzten ausgesprochen wird.

Es reicht also nicht aus, wenn in der Abmahnung steht: „Sie kommen seit Monaten immer wieder unpünktlich ...”. Es muss vielmehr der Vertragsverstoß konkret zuordenbar bezeichnet werden, etwa wie folgt: „Sie sind am 5.5.2016 statt um 8 Uhr erst um 8:25 Uhr zum Dienst erschienen ...”.

Das Erfordernis der Konkretheit ist keine Förmelei, sondern wichtig, da nur so der Arbeitnehmer in die Lage versetzt wird, den Vorwürfen konkret entgegenzutreten.

Nicht jeder Fehler ist abmahnungswürdig

Wer handelt macht Fehler. Diese Binsenweisheit gilt auch im Arbeitsverhältnis. Nur dann ist eine Abmahnung rechtmäßig, wenn dem Arbeitnehmer wegen des Fehlverhaltens ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann.

Daraus folgt, dass Organisations-, Kontroll- und Aufsichtsmängel, die im Bereich des Unternehmers anzusiedeln sind und die den Fehler begünstigt oder mitverursacht haben, eine Abmahnung nicht rechtfertigen. Das gleiche gilt für Ausbildungsdefizite.

Muss beispielsweise ein Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers eine für ihn unbekannte Aufgabe verrichten, können dabei entstehende Fehler nicht abgemahnt werden.

Was tut man gegen eine Abmahnung?

Grundsätzlich kann man vom Arbeitgeber die Beseitigung der (unberechtigten) Abmahnung aus der Personalakte verlangen und diesen Anspruch auch notfalls gerichtlich durchsetzen.

Man muss aber weder gegen eine unberechtigte noch gegen eine berechtigte Abmahnung etwas unternehmen. Meist ist es schlauer, gegen eine Abmahnung nichts zu unternehmen, denn:

Eine wirksame Abmahnung wird in ihrer Bedeutung nur betont, wenn die Klage auf Entfernung aus der Personalakte gerichtlich abgewiesen wird.
Eine unwirksame Abmahnung ist und bleibt auch dann unwirksam, wenn sie sich in der Personalakte befindet. Der Arbeitgeber könnte sich für eine Kündigung
nicht darauf berufen.

Der Arbeitgeber muss in einem Verfahren den Nachweis der Richtigkeit der Abmahnung führen. Je länger die Abmahnung zurückliegt, umso schwieriger wird dies für den Arbeitgeber. Eine zweifelhafte oder berechtigte Abmahnung sollte daher nie angefochten werden. Nur wenn man ganz sicher ist, dass die Abmahnung unberechtigt ist, sollte man sich dagegen wehren.

Aber auch in diesen Fällen ist zu beachten, dass der Arbeitgeber in einem Abmahnungsverfahren lernt, wie man richtig und rechtswirksam abmahnt. Ihr nächster Fehler kommt bestimmt und dann auch die formal und inhaltlich richtige Abmahnung.

Wann verliert die Abmahnung ihre Wirkung?

Es gibt keine feste Regelung, wann eine Abmahnung die Wirkung verliert.

In der Rechtsprechung wird stets auf den Einzelfall abgestellt. In der Regel geht man von einem Wirkungszeitraum von maximal zwei Jahren aus.

Sollte man eine Gegendarstellung verfassen?

Man kann gegen eine Abmahnung eine Gegendarstellung verfassen, die vom Arbeitgeber zu den Personalakten zu nehmen ist.

Eine Gegendarstellung, die zeitnah und ausführlich zu dem vorgeworfenen Fehlverhalten Stellung nimmt, gibt nach außen zu erkennen, dass der Arbeitnehmer mit der Abmahnung nicht einverstanden ist. Die Wirkung der Abmahnung beseitigt eine Gegendarstellung nicht. Eine Gegendarstellung kann aber später helfen, den Sachverhalt, der der Abmahnung zugrunde liegt, richtig darzustellen. Wer daher mit einer unrichtigen Abmahnung überzogen wird, sollte eine Gegendarstellung verfassen. Ob er diese zu den Personalakten reicht, ist Geschmacksache.

Drei Abmahnungen und dann die Kündigung?

Vielfach gehen Arbeitnehmer davon aus, dass nach drei Abmahnungen „Schluss" ist. Das ist falsch.

Auch drei Abmahnungen rechtfertigen nicht automatisch eine Kündigung. Die Arbeitsgerichte wissen, wie wichtig der Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer ist. Eine Kündigung aufgrund eines mehrfach abgemahnten Verhaltens kommt daher nur in Betracht, wenn die Kündigung als das schärfste Mittel des Arbeitgebers im Verhältnis zur abgemahnten Handlung angemessen ist.

Die Ermahnung

Im Arbeitsverhältnis gibt es auch unterhalb der Stufe der Abmahnung Rügen eines Verhaltens durch den Arbeitgeber, die nicht die Ernsthaftigkeit einer Abmahnung
haben, weil der Arbeitsgeber keine möglichen Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis androht.

Für solche unterhalb der Schwelle einer Abmahnung liegenden Ermahnungen, Rügen etc. gilt das gleiche wie für die Abmahnung: meist kann man sich dagegen
wehren, meist macht es aber keinen Sinn, es sei denn, die Karriere durch Beförderung ist gefährdet.

Was braucht man beim Anwalt?

  • Abmahnungsschreiben
  • Arbeitsvertrag
  • falls vorhanden: Protokoll der (Betriebsrats-) Anhörung
  • Rechtsschutzunterlagen
  • bei Prozesskostenhilfe: die letzten drei Lohnabrechnungen, evt. Belege zu sonstigem Einkommen, Mietvertrag, Beleg über Stromkosten, aktueller
    Kontoauszug, Kreditunterlagen

Was kostet ein Gerichtsverfahren?

Die Kosten eines Abmahnungsprozesses in erster Instanz trägt jeder selbst, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Die Kosten richten sich nach dem sogenannten Streitwert.

Dieser beträgt in Abmahnungsverfahren in der Regel ein Monatsbruttoeinkommen. Bei einem Durchschnittsverdiener entstehen für die erste Instanz leicht Kosten in Höhe von 350 bis 650 Euro. Die Kosten des Verfahrens in der zweiten Instanz trägt derjenige, der unterliegt.

Gewerkschaftsmitgliedern gewährt die Gewerkschaft Rechtsschutz, in der Regel in erster Instanz aber nicht durch Übernahme der Rechtsanwaltskosten, sondern
durch eigene Rechtsschutzstellen.
Rechtsschutzversicherten gewährt die Versicherung Rechtsschutz durch Übernahme von Gerichts- und Anwaltskosten.

Wer „knapp bei Kasse“ ist, kann Prozesskostenhilfe (PKH) erhalten. In diesen Fällen werden die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Anwalts vom Staat
ganz oder zum Teil übernommen. Anträge dafür erhalten Sie beim Gericht oder bei uns.